Verantwortung und Verbrauch
Im Folgenden sind Aspekte der verantwortungsvollen Antibiotikaanwendung und zum Antibiotikaverbrauch in Deutschland zusammengestellt. Links zur Anwendung von Antibiotika in der Human- und Tiermedizin werden auf der Webseite des RKI aktualisiert; zum Grundwissen über Antibiotika wird außerdem auf FAQs der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (Wirkweise, Nebenwirkungen, Wirkungsverlust, Anwendungsinformationen und Vorsichtsmaßnahmen) verwiesen, und für weitere Informationen auf Patientenflyer des mre-netzes und online Patienten- und Fachinformationen.
Um weiterhin wirksam zu bleiben, müssen Antibiotika bei Menschen und Tieren verantwortungsvoll eingesetzt und aus der Umwelt ferngehalten werden. In der Humanmedizin werden dafür der Fachausdruck rationale Antibiotikaanwendung und der englische Begriff Antibiotic Stewardship (ABS) verwendet. ABS bedeutet gezielte Antibiotikaverordnungspraxis mit dem bestmöglichen Ergebnis für ambulant sowie stationär behandelte Patienten (DGI 2013). Fehlverordnungen wie zu frühe oder zu späte Beendigung der Antibiotikagabe sowie Nebenwirkungen - z.B. Antibiotika-ausgelöste Durchfallerkrankungen wie C. diff.-Infektion - sollen nach Möglichkeit vermieden werden.
Gesamt-gesellschaftliches Ziel ist außerdem die Vermeidung antibiotikaresistenter Bakterien im Gesundheitswesen, der Veterinärmedizin, in Lebensmitteln sowie in der Umwelt. Als Informationsgrundlage zur rationalen Antibiotikaanwendung gibt es Verbrauchsreporte, Aktionspläne und Leitlinien (Verbrauchsreporte: Antibiotika-Resistenzatlas GERMAP 2008 und 2015, Deutsche Nationale Prävalenzstudie 1994, 2011, 2015; Aktionspläne von ECDC 2011 und 2017, und WHO 2015; Leitlinien von verschiedenen Fachgesellschaften).
Insgesamt werden in Deutschland 600-800 Tonnen Antibiotika pro Jahr verordnet (GERMAP 2015). Im Jahr 2015 entsprach dies etwa einer Verdopplung in 10 Jahren. In der Tiermedizin wurden jährlich 1600 Tonnen eingesetzt (GERMAP 2012), wobei durch verantwortungsvollen Einsatz ein vielversprechender Rückgang auf 733 Tonnen im Jahr 2017 erreicht werden konnte. 85% der Antibiotika werden in der ambulanten human-medizinischen Behandlung verordnet und 15% im Krankenhaus. Ein Teil der Antibiotika wird nicht therapeutisch, sondern zur Vorbeugung von Infektionen bei Operationen, zahnärztlichen Engriffen und bei geschwächtem Immunsystem genutzt. In Pflegeeinrichtungen erhalten laut Studien durchschnittlich 1-2% der Bewohner ein Antibiotikum.
Ein vermehrter Einsatz von Antibiotika bei Menschen und Tieren führt zur stärkeren Selektion von resistenten und multiresistenten Bakterien. Der erbliche Überlebensvorteil kann bei weiterer Antibiotikaanwendung sogar zur Panresistenz führen, bei der keine Antibiotika mehr gegen eine Bakterienart wirken.
Die Resistenzentwicklung beginnt oft regional-endemisch in Regionen mit hohem Antibiotikaverbrauch. Die Resistenzentwicklung kann sich aber auch weltweit ausbreiten, durch Reisetätigkeit und durch international hohen Antibiotikaverbrauch. Ein Beispiel aus dem Ausland ist die Selektion von multiresistenten Tuberkulose-Bakterien in einigen osteuropäischen und afrikanischen Ländern, die vereinzelt auch zu Fällen in Mitteleuropa führen (DGI und WHO Fact Sheet on AMR, antimicrobial resistance). Und ein Beispiel mit dynamischer weltweiter Ausbreitung eines MRGN ist ein Erreger von Lungenentzündung bei Krankenhauspatienten, Klebsiella pneumoniae, mit dem Resistenzgen NDM (Deutsches Ärzteblatt 2010; KRINKO-MRGN).
Strategien der rationalen Antibiotikaanwendung können die Ausbreitung von MRE, Erregern mit Antibiotikaresistenz, verlangsamen oder sogar aufhalten.