MRSA (Methicillin-Resistente bzw. Multiresistente Staphylococcus aureus)
Hier erhalten Sie grundlegende Informationen zu Staphylokokken, insbesondere zu antibiotikaresistenten MRSA-Bakterien. Verlinkt finden Sie MRSA-Patientenflyer des Netzwerks, eine online Fragen-Datenbank zu MRSA für die Öffentlichkeit und Personal, weitere online Patienteninformationen zu MRE - auch auf Fremdsprachen - und online Fachinformationen zu MRE. Informationen zum Umgang mit MRE in der Arztpraxis und zur MRSA-Zertifizierung, MRSA-Diagnostik, Behandlung und kassenärztlichen Abrechnung finden Sie unter Hygiene, Niedergelassene.
Staphylococcus aureus sind Bakterien, die sich auf der Nasen-Rachen-Schleimhaut und der Haut vieler Menschen befinden. Etwa 20-30% der Menschen sind dauerhaft Träger der Bakterien, ohne an ihnen zu erkranken. Man spricht von Besiedlung oder Kolonisation durch die Bakterien. Hauptsächlicher Standort, das Reservoir für die Vermehrung, sind die Nasenvorhöfe. Etwa 0,5-2% der Menschen in Deutschland sind mit antibiotikaresistenten Staphylococcus aureus besiedelt. Diese Staphylokokken werden MRSA gekannt (Methicillin-resistente, oder auch multiresistente Staphylococcus aureus-Stämme, MRSA). Im Bereich der ambulanten Medizin sind MRSA und nicht antibiotikaresistente Staphylococcus aureus Erreger von Haut- und Weichteilinfektionen und gelegentlich von schwereren oder wiederholten, abklärungsbedürftigen Infektionen. Zum Nachweis der Besiedlung dienen ein Mund-Nasen-Abstrich und ggf. weitere Abstriche wie ein Wundabstrich.
Für Pflegebedürftige: Seit Januar 2014 ist die Versorgung durch einen ambulanten Pflegedienst bei der Sanierungsbehandlung verordnungsfähig („Durchführung Sanierung/Eradikation nach ärztlichem Sanierungsplan gemäß Verordnung“ entsprechend G-BA Beschluss vom 23.2.2014). Dies ist auch vor geplanten Eingriffen möglich: „[...] im Vorfeld von geplanten invasiv-diagnostischen, interventionellen oder operativen Eingriffen, wenn die MRSA-Kolonisation im Krankenhaus festgestellt wurde“. Eine Behandlungslücke verbleibt laut KBV und in der Erfahrung des mre-netzes bei ambulant festgestellter Besiedlung (KBV fordert prästationäres Screening auf MRSA-Erreger vom 06.08.2015, abgerufen 15.07.2020).
Staphylococcus aureus sind weltweit unter den häufigsten Erregern von im Krankenhaus erworbenen Infektionen wie Pneumonie, Sepsis/Blutvergiftung, Wund- und Weichteilinfektionen (siehe RKI-Empfehlung bzw. Behnke et. al 2017, Erreger nach Häufigkeit: E. coli > S. aureus > C. diff. > Enterokokken). Besonders kritisch sind Infektionen durch MRSA, für die es nur noch einige, meist nebenwirkungsreichere Möglichkeiten der Antibiotikatherapie gibt. Seit 2012 nehmen die Fallzahlen schwerer, invasiver Infektionen in Deutschland ab. Dies ist eine erfreuliche Tatsache, die von Experten auf rationalen, verantwortungsvollen Umgang mit Antibiotika und auf Hygienemaßnahmen zurückgeführt wird.
Regional bestehen in Deutschland bzw. weltweit unterschiedliche Verbreitung und daher unterschiedliches Risiko der Übertragung von MRSA. Gelegentlich wird MRSA von kolonisierten Nutztieren übertragen (z.B. vom Schwein übertragene la-MRSA, d.h. Landwirtschaft-assoziierte/ livestock-associated MRSA). Oder es werden bei Hunden vom Besitzer übertragene MRSA festgestellt. Seltene, aggressivere sog. PVL-bildende Staphylococcus aureus betreffen auch junge, gesunde Menschen, z.B. infolge von Auslandsaufenthalten (ca-MRSA, d.h. Community-assoziierte/ community-acquired MRSA; etwa 2% der in Kliniken untersuchten Staphylococcus aureus-Proben).
Infektionen entstehen nur bei einem geringen Anteil der mit Staphylococcus aureus besiedelten Personen. Das Risiko für eine Infektion mit Staphylococcus aureus ist bei bestimmten Vorerkrankungen und bestimmten größeren Eingriffen wie Herz- und orthopädischen Operationen erhöht. Diese Risiken sollten Sie mit Ihrem Hausarzt oder Hausärztin und bei geplanten Eingriffen auch mit Fachärzten besprechen. Eine korrekt durchgeführte Behandlung der Nasenschleimhaut und/oder der Haut mit speziellen Desinfektionsmitteln kann in vielen Situationen das Infektionsrisiko senken (siehe Formular Sanierungsschema). Für Patienten mit festgelegten Risikokriterien werden für die ambulante Sanierungsbehandlung nötige Arztbesuche und die ggf. nötige Versorgung durch einen ambulanten Pflegedienst durch die gesetzlichen Krankenkassen bezahlt.
Staphylokokken sind in der Umwelt stabil gegen Trockenheit und Salz, weswegen sie auf der Haut, auf Nahrungsmitteln und in der unbelebten Umgebung - dort auch mehrere Monate - überleben können. Sie sind jedoch gegen Hände- und andere Desinfektionsmittel empfindlich. Staphylococcus aureus können effektiv und langfristig aus Wunden und von der Haut mittels geeigneter Antiseptika entfernt werden. Die Eradikation von Haut und Schleimhaut ist als (MRSA-) Sanierung oder treffender als Dekolonisation bekannt, und ein MRSA-Sanierungsschema des mre-netzes steht zum Download bereit.
Antibiotikaresistenz einiger MRSA-Stämme wurde bereits in den 60er Jahren beobachtet, nur wenige Jahre nach Einführung von Antibiotikatherapie. In Deutschland wurde in den zwei Jahrzehnten ab Mitte der 90er ein starker Anstieg der MRSA-Rate (bezogen auf alle untersuchten Staphylococcus aureus-Stämme) von 2% auf über 20% beobachtet. Eine MRSA-Infektion führt neben dem damit verbundenen Leid zu durchschnittlichen Mehrkosten von ca. 10 000 Euro pro Fall. Die Entstehung und Ausbreitung von multiresistenten Erregern wie MRSA beruht vor allem auf
- hohem Selektionsdruck durch Antibiotikagabe,
- Defiziten bei Präventions- und Hygienemaßnahmen (Screening, Händedesinfektion),
- der fehlenden Weiterbehandlung (Sanierung=Dekolonisation) der Betroffenen über die Sektoren im Gesundheitswesen hinweg, z.B. beim Niedergelassenen und in Pflegeeinrichtungen.
Informationen zum Umgang mit MRE in der Praxis und zur MRSA-Zertifizierung, MRSA-Diagnostik, Behandlung und Abrechnung finden Sie unter Hygiene, Niedergelassene.
Formulare des mre-netzes: MRSA Sanierungsschema und MRSA Screening, ambulante Risikofaktoren und Screeningergebnisse mit GOP Ablaufdiagramm (2014).