MRGN (Multiresistente Gramnegative Bakterien)
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MRGN (multiresistente gramnegative Bakterien) sind eine Gruppe antibiotikaresistenter Bakterien-Spezies, die unter dem Mikroskop wie kleine Stäbchen aussehen und sog. gramnegative Färbeeigenschaften aufweisen. Sie kommen zahlreich im Darm gesunder Menschen vor, und lassen sich auch in den Harnwegen und auf der Haut nachweisen. In der Umgebung sind sie z.B. in Biofilmen zu finden. Gemeinsam ist den MRGN neben dem Vorkommen ihr Resistenzverhalten gegen Antibiotika, weshalb der Begriff MRGN gewählt wurde. Die Resistenzeigenschaften können sogar (genetisch) untereinander ausgetauscht werden. Infektionen mit resistenten sowie nicht resistenten gramnegativen Bakterien entstehen hauptsächlich bei Personen mit Grunderkrankungen oder mit Wunden und Verletzungen.
3MRGN sind gegen drei der wichtigsten bei schweren Infektionen eingesetzten Antibiotikagruppen resistent. Diese Bakterien kommen in der Bevölkerung in einigen Regionen z.B. von Südeuropa und Asien häufiger vor und in anderen Regionen wie in Deutschland mit geringer Häufigkeit. Der Träger-Status verliert sich oft nach einigen Monaten, kann aber auch chronisch nach Jahren weiterhin nachweisbar bleiben. 4MRGN sind gegen alle vier der wichtigsten Antibiotikagruppen resistent und kommen in Deutschland gelegentlich - und fast ausschließlich - in Risikogruppen im Zusammenhang mit schweren Erkrankungen und Krankenhausaufenthalten vor.
MRGN verursachen weltweit zunehmend im Krankenhaus erworbene Infektionen. Sie werden für einige Erreger in über 10% der untersuchten Krankenhausproben gefunden. Als Beispiel dient ein typischer Erreger von im Krankenhaus erworbener Lungenentzündung, Klebsiella pneumoniae (mit 10,8% Nachweis von 3MRGN, 0,4% 4MRGN und 88,8% nicht-resistenter Bakterien, gemäß Überwachungsdaten des NRZ von 2018).
MRGN treten insbesondere bei schwerkranken Patienten bei Wund-, Atemwegs-, Harnwegs-, Haut-, und Weichteilinfektionen auf. Das Reservoir für die 4-fach resistenten 4MRGN und manchmal sogar panresistente Bakterien sind die Schwerkranken mit häufigen Antibiotikaanwendungen. Dabei führt Antibiotikaanwendung oft zu der Selektion körpereigener resistenter Bakterien. Durch verantwortungsvollen Einsatz von Antibiotika und durch Hygienemaßnahmen sollte die Verbreitung der MRGN möglichst lange und effektiv vermieden werden (siehe z.B. KRINKO-Empfehlung zu MRGN 2012, u.a. rationaler Einsatz von Carbapenem-Antibiotika).
Reservoire für MRGN befinden sich in Risikobereichen von Krankenhäusern weltweit. In einigen Ländern mit wenig kontrolliertem Einsatz von Antibiotika, z.B. in Südeuropa und Asien, sind die Bakterien auch außerhalb von Krankenhäusern verbreitet. Insbesondere der Kontakt mit Einrichtungen des Gesundheitssystems und Antibiotikatherapien gelten als Risiko für die Übertragung und Besiedlung. Personen jeden Alters können diese Bakterien aufnehmen und über Monate und manchmal sogar Jahre kolonisiert bleiben. Gefährlich wird es nur, wenn aufgrund Verletzungen oder Abwehrschwäche eine Infektion mit den Bakterien entsteht. (Resistenz-Surveillance des ECDC und der WHO).
MRGN kommen insbesondere im Darm und in geringer Zahl in den benachbarten Harnwegen und auf der Haut vor. In der Umwelt siedeln sie sich oft in feuchter Umgebung in Rohrleitungen und anderen Biofilmen an. Die Sanitärhygiene spielt die wichtigste Rolle in der Infektionsprävention. Einige gramnegative Bakterien-Spezies wie Acinetobacter können auch auf trockenen Flächen in der Umgebung überdauern. Die langfristige Entfernung der Bakterien von Haut und Schleimhaut mittels Antiseptika (auch als Sanierung bezeichnet) ist wegen dem Erregerreservoir im Darm nicht möglich.
Die ersten, 1983 beschriebenen MRGN wurden nach den von ihnen gebildeten Resistenz-vermittelnden Enzymen ESBL genannt (extended spectrum Beta-Lactamasen bildende Bakterien). In darauffolgenden Jahren wurden viele weitere Resistenzmechanismen und Resistenzgene entdeckt, so dass der Begriff ESBL nicht ausreichte und in Deutschland der Begriff MRGN (multiresistente gramnegative Bakterien) eingeführt wurde. Aufgrund der weltweit ansteigenden Vorkommen werden MRGN von der WHO und anderen Experten als eine der größten Herausforderungen der Antibiotika-Therapie und für Gesundheitssysteme eingestuft.